Wenn man den genetischen neben dem historischen Wert einer Hühnerrasse für die gesamte Rassegeflügelzucht berücksichtigt, haben unsere Sumatra den Titel „Rasse des Jahres“ wirklich verdient. Nicht nur neben den verschiedenen Asilvaranten gelten sie im Bereich der Sundainseln als eine der ältesten Hühnerrassen weltweit und durch unsere niederländischen Nachbarn, zu deren Kolonien die Insel Sumatra über 200 Jahre gehörte, sind uns einige Details überliefert. Sie wurden vorwiegend als halbwilde Hühner in den Dörfern am Urwaldrand und dort vorwiegend zu Hahnenkämpfe gehalten. Es gab sie in verschiedenen Farbenschlägen doch waren schwarze Gefiederpartien immer grünglänzend, neben insgesamt dunkles Gefieder- und Gesichtshautfärbung.
Eines ist heute als sicher anzusehen. „alle Hühnerrassen stammen vom roten Kammhuhn ab“ und ob jetzt die indischen Hühnerrassen von Gallus gallus murghi und die Sumatra vom etwas intensiver gefärbten Gallus gallus bankiva abstammen ist dabei kaum von Bedeutung. Die schwarze Gefiederfarbe kann durch Mutation, als Schwärzling, aufgetreten sein. Beschrieben wurde schon zur damaligen Zeit nicht nur schwarze Hühner sondern auch wildfarbige.
Wenn auch über diese jahrhunderte alte Hühnerrasse relativ wenig bekannt war gilt ihre Einfuhr aus Angers Point (Sumatra) im Jahr 1847 in die USA zu Dr. J.C. Bennet in Boston als sicher. Rüdiger Wandelt schreibt im „Handbuch der Hühnerrassen“ : „… nach Deutschland kam dieses Sinnbild von Eleganz und exotischem Reiz 1882, nachdem es 1870 in England Einzug gehalten hatte, bis 1902 aber wieder verschwunden war. Die heute so selbstverständliche Grünglanzgefiederbildung der Italiener, Minorka, Sachsenhühner ect. Wäre ohne einstige Rückgriffe auf die schon der Intensität von Smaragd- oder Cayugaenten erreichenden Sumatra nicht denkbar.“
1883 sind sie in den USA in den dortigen Geflügelstandard aufgenommen worden, zu einer Zeit in der an vielen unserer heutigen sehr beliebten Hühnerrassen nichtmals gedacht wurde. Aus Columbus, Ohio wurden dann 1882 1,3 schwarze Sumatra von den Züchtern Dornfeld und Müller aus Leipzig eingeführt.
In den USA war ihre Existenz nie gefährdet und werden dort in einem Spezialclub betreut und zwischenzeitlich in verschiedenen Farbenschlägen gezüchtet. Die rassische Qualität scheint in den USA recht hoch zu sein, denn auf einer Abbildung der dortigen Zeitschrift Poultry Press von 1978 war ein wunderschöner Sumatrahahn als Schausieger abgebildet, von dessen Qualität hier bei uns zu jener Zeit nur geträumt werden konnte.
Bei uns scheint ihre Beliebtheit und Verbreitung offensichtlich die Wirren des 1. Weltkriegs überstanden zu haben, denn schon 1920 wurde die „Vereinigung der Sumatrazüchter“ ins Leben gerufen und durch Rassebeiträge und viel SV-Informationen gab es eine Blütezeit für die Sumatrazucht, die allerdings durch den 2. Weltkrieg abruppt erlosch. Nur geringste Bestände überstanden diese Zeit. Um das Manko dieser minimalen Sumatrabestände auszugleichen, wurden selbstredend verschiedene Importe und Einkreuzungen durchgeführt mit dem zwischenzeitlichen Ergebnis teils unterschiedliche Rassemerkmale auf einen Nenner bekommen zu müssen. Mit zunehmender Beliebtheit und weiterer Verbreitung begann die Planung eines Sondervereins der „Langschwänzigen Hühnerrassen“ (Phönix, Sumatra und Yokohama) in den 1970er Jahren. Allerdings hatte der damalige BDRG- Präsident W. Schönefeld strikte Einwände unterschiedlichster Art und erst eine angedrohte gerichtliche Klärung bewog ihn nach Jahren des Streites zum Einlenken. Was er aber durchsetzte, war, das die Namen aller vom SV betreuten Rassen aufgeführt sein müssen und somit wurde der SV unter dem Namen „Sonderverein der Sumatra, Yokohama, Zwerg-Sumatra und Zwerg-Yokohama“ im BDRG geführt. (Die Phönixzüchter hatten sich inzwischen selbstständig gemacht.)
Jetzt konnten auch offizielle Sonderschauen auf den Großschauen angeschlossen und eigene Sonderrichter der AL vorgeschlagen werden. An diesen SV-Anfangsjahren kann ich mich als PR noch gut erinnern. Rote Gesichtshaut vor allem der Hähne, Einfach- oder sogar Doppelsporen waren keine Seltenheit und die geforderten Mehrfachsporen, die genetisch nicht mit Doppelsporen verwechselt werden dürfen, setzten sich in wenigen Jahren ebenso wie der dreireihige Erbsenkamm durch. Insgesamt trug diese durchgeführte einfühlsame Bewertung zur relativ großen Beliebtheit und Qualitätsverbesserung bei. Ohne Zweifel auch ein Verdienst des damaligen Zuchtwartes, der dem „normalen Züchter“ mutmachende und hilfreiche Hinweise gab. So war es ein erhebendes Gefühl, zum Beispiel in Hannover Ende der 1980er Jahre mehrere Reihen Sumatras zu sehen. Die Entwicklung einer Rasse wird oft von einzelnen Züchtern positiv beeinflusst. Bei unseren Sumatra war dies ohne Zweifel der mittlerweile verstorbene Ernst Mensinger, der nicht nur durch seinen „Hühnerhof“ im Freizeitpark Geiselwind beste Werbung machte, sondern auch qualitätsvolle Tiere dieser Rasse auf den Schauen präsentierte.
Eines der Hauptrassemerkmale ist das feste und eher breite Gefieder mit starkem Grünglanz. Dies drückt sich in der Hahnenbesichelung insoweit aus, als das sich die Sicheln erst im 2. Drittel biegen und maximal nur den Boden berühren dürfen, was eine waagerechte Rückenhaltung ohne abfallende Schwanzbesichelung beinhaltet. Hierzu gehört auch eine entsprechende Stand- und Schenkelfreiheit.
Ein gewisses Quantum Kämpferblut kommt vornehmlich durch ausreichende Schulterbreite und Körpersubstanz, bei 2,5 – 3 kg des Hahnes und 1,75 – 2,25 kg der Henne, sowie durch den kleinen, dreireihigen Erbsenkamm neben zurückgebildeten Kehllappen zum Ausdruck. Der elegante Rassetyp wird hingegen vom gestreckten, kräftigen und walzenförmigen Rumpf, sowie dem langen aber hartschaftigem Gefieder vermittelt. So weist der reich befiederte, lange Hahnenschwanz hartschaftige und möglichst breitfahnige Sicheln auf und da der Schwanz des Hahnes bei waagerecher Rückenlinie keineswegs schleppend, sondern maximal den Boden berühren sollte, ist die Standardvorgabe „nur in der zweiten Hälfte gebogene Sicheln“ angepasst worden.
Weitere besonere charakteristische Merkmale sind der relativ kleine „Schlangenkopf“ mit schwärzlichen Hautpartien, die unbedingt vorhandene, gelbliche Sohlenfarbe der ansonsten dunkelolivfarbenen bis grünschwarzen Läufe mit der Mehrfachsporenbildung, die aber nicht mit der genetisch ganz anders gearteten Doppelsporigkeit verwechselt werden darf. Diese Mehrfachsporigkeit ist schon beim Hahn nur stumpf und eher gering ausgeprägt und somit bei der Henne oft nur gering ausgebildet. Ansonsten gilt bei ihr ebenfalls figürliche Eleganz, in der Regel dunklere Kopfpartie als die des Hahnes und natürlich viel Grünlack des Gefieders.
Sumatra werden weltweit in verschiedenen Farbenschlägen gezüchtet. Bei uns sind neben den Schwarzen nur Wildfarbige und Schwarz-Rote anerkannt. In den USA werden auch Weiße und Blaue gezüchtet, wobei letztere schon vor einigen Jahrzehnten bei uns gezeigt wurden, aber wenig Anklang fanden. Wie soll man bei ihnen auch Grünlack im Gefieder finden, ob gesäumt oder ungesäumt. Weiße Sumatra sah ich in den 1990er Jahren einmal in England auf einer Landwirtschaftsmesse.
Die bei uns im Jahr 1963 vom BZA anerkannten schwarz-roten Sumatra wurden in den 1950er Jahren von Günter Froese, damals West-Berlin, herausgezüchtet. Nach Ende seiner Kriegsgefangenschaft hatten in seinem Sumatrabestand nur einige alten Hennen überlebt. Um seine Zucht nicht untergehen zu lassen, erwarb er Bruteier von Zfd. Seitz, der aber vorher eine Yokohamahenne eingekreuzt hatte. Hieraus selektierte Froese auf schwarze Sumatra, wobei auch immer wieder schwarz-rote, also schwarze Sumatra mit rotem Halsgefieder und Sattelbehang anfielen. Natürlich wurden in späteren Jahren auch andere Zuchtversuche mit fremden Rassen unternommen. Der gültige Standardtext lässt mit „... beim Hahn roter Behang oder vereinzelt rote Behangfedern und bei der Henne roter oder schwarz-roter Halsbehang“ etwas Rot im Brustgefieder zulässig zu.
Das Farbbild der schwarz-roten kann man wie folgt beschreiben. Die Küken sind wie die Schwarzen schwarz-weiß gezeichnet und rote Federn erscheinen erst im letzten Federwechsel.
Im Gegensatz hierzu sind wildfarbige Küken wie rebhuhnfarbige erkennbar. Auch wenn diese erst im letzten Jahrhundert im VKSK anerkannt wurden, soll es sie schon von je her im Ursprungsland neben den Schwarzen gegeben haben. Auch bei uns in Europa oder den USA wurden immer wieder von vereinzelt anfallenden Wildfarbigen geschrieben. So wurden schon 1933 in einem Schaubericht wildfarbige erwähnt oder der bekannte Sumatrazüchter Schriewer aus Döbeln zeigte in jenen Jahren einen wildfarbenen Hahn. Es ist eigentlich verwunderlich, das dieser Farbenschlag so relativ spät zur Anerkennung gebracht wurde. Es entstand das Kuriosum, dass neben schwarzen Sumatra in VKSK wildfarbige und im BDRG schwarz-rote anerkannt waren, und dies führte sogar bei etlichen Experten zu der Annahme, es handele sich um ein und dem selben Farbenschlag.
Das Zeichnungsbild ausgewachsener Tiere ist im Grunde analog der wild- bzw. goldfarbigen Zeichnung, z.B. beim Hahn mit rotbraunem Hals-, Schulter-, Rücken- und Sattelgefieder und im Gegensatz zum 1,0 der schwarzroten mit einem roten Flügeldreieck. Dabei mit möglichst breiter und grünglänzender Federsäumung. Bei den Hennen gelten zeichnungsmäßig ebenfalls die Kriterien der normalen Wildfarbe. Die schwarze Federsäumung sollte breit und lackreich sein, so dass das Hals- und Mantelgefieder fast schwarz erscheint und der helle, markante Schaftstrich attraktiv erscheint.
Als ich meine ersten Wildfarbigen von Wolfgang Martin aus Limbach-Oberfrohna erhielt, sahen die Tieres seines Bestandes mit ca. 80 Jungtieren relativ einheitlich aus, was in meinen Nachzuchten nicht ganz so erschien. Meine Erklärung für diese Uneinheitlichkeit war die Einkreuzung meiner Sumatra zur figürlichen Verbesserung.
Wenngleich die Qualität dieser gezeichneten Farbenschläge sich in den letzten Jahren eindeutig gesteigert hat, sind ihnen ein deutlich größerer Liebhaberkreis zu wünschen, was auch der gesamten Rasseentwicklung von Vorteil gereichen würde.
Das Sumatra keine Wirtschaftsrasse sind, dürfte selbstverständlich sein und trotzdem war eine Legeleistung bei Unterbindung der Brutlust von 150 Eiern im Jahr keine Seltenheit. Die Eischalenfarbe ist weiß bis hellcremfarben und das Eigewicht sollte bei 53 g liegen. Beringt werden sie beim Hahn mit der Größe 18 und der Henne mit 16.
Trotz ihrer exotischen Herkunft sind sie in Aufzucht und Haltung nicht anspruchsvoller wie andere, normale Hühnerrassen und ihr zutraulicher Charakter ist ein weiterer Pluspunkt für ihre Haltung.
Wenn auch für uns Geflügelzüchter die Corona-Pandemie starke Einschnitte nicht nur in der Haltung und große Unsicherheit im Ausstellungswesen bringt, hoffen wir, dass dies unserer Sumatrazucht nicht allzu viel Schaden zufügt und wir in den kommenden Jahren wieder ein normales Zucht- und Ausstellungsgeschehen einplanen können.
Verfasser: Josef Wolters
Quelle: BDRG
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